"Empfinden - Wahrnehmen - Reflektieren"

(Gerhard Uhlig)

Das Archiv Gerhard Uhlig dokumentiert in digitaler Form die bildnerischen Werke von Gerhard Uhlig einschliesslich seiner kunsttheoretischen und kunstdidaktischen Erarbeitungen. Es bildet die zentrale Grundlage für  wissenschaftliche Auseinandersetzungen wie auch die Ausrichtung von Ausstellungen seiner Werke und ist Kontaktpunkt für Interessierte. 

Gerhard Uhlig (1924 Leipzig – 2015 Münster) war Maler, Grafiker, Fotograf und Kunstdidakt. Er schuf ein numerisch beeindruckendes  malerisches Bildwerk sowie zahlreiche Erarbeitungen und Veröffentlichungen zur Kunsttheorie und Kunstdidaktik.in 

Foto von Gerhard Uhlig in seinem Atelier, 1981, Copyright.
Gerhard Uhlig in seinem Atelier, 1981, ©.

Im Jahr 2004 wurden aus familiärem Interesse einige Zeichnungen von Gerhard Uhlig erstmalig digitalisiert und damit ein Buch erstellt. Dies war der Beginn vom Archiv Gerhard Uhlig, das seitdem sämtliche im In- und Ausland erreichbare Arbeiten von Gerhard Uhlig digital fotografiert oder einscannt. Mitdokumentiert werden dabei auch die technischen Daten der Arbeiten, ihre Maße sowie formale und motivische Angaben.

Ziel der Archivarbeit ist ein digitales Werkarchiv einschliesslich der Herkunft möglichst sämtlicher Werke, um das bildnerische Lebenswerk von Gerhard Uhlig einschliesslich seiner kunstpädagogischen Arbeiten zur Geltung zu bringen. 

Kurzbiographie Gerhard Uhlig

Gerhard Uhlig zeigte bereits in frühen Lebensjahren ein besonderes Interesse für die Kunst und die Kunsterziehung. So war er als 14jähriger enttäuscht von der damals methodischen Ziellosigkeit des Kunstunterricht. Stattdessen wollte er verstehen, wie ein Bild entsteht und was Gestaltung ausmacht. Und er wollte diese Zusammenhänge eines Tages selber besser vermitteln. 

Akademische Studien

Nach dem zweiten Weltkrieg studierte Gerhard Uhlig an großen deutschen Kunst-Akademien. In Dresden erhält er Unterricht in der Klasse von Josef Hegenbarth, der einer der bedeutendsten deutschen Illustratoren war. Anschliessend wird Gerhard Uhlig in Leipzig in die Meisterklasse von Max Schwimmer aufgenommen, der zu den bedeutendsten Malern Sachsens des 20. Jahrhunderts gezählt wird und für seinen expressiven Realismus bekannt ist. Nach einer Flucht in den Westen studierte Gerhard Uhlig an der Akademie in München bei Emil Preetorius, der für seine Bühnenbilder und Illustrationen bekannt ist. Die längsten und letzten Studienjahre verbrachte Gerhard Uhlig danach in Stuttgart bei Willi Baumeister (1989 – 1955) der als der maßgebliche Wegbereiter der abstrakten deutschen Nachkriegskunst gilt und selber aus der Schule von Adolf Hölzel kam. Zudem erhielt Gerhard Uhlig Unterricht bei Johannes Itten, der für seine Farblehre am Bauhaus international bekannt ist.

Um sein Studium zu finanzieren, illustrierte Gerhard Uhlig schon in frühen Zeiten. So finden sich  in großen deutschen Zeitungen, z.B. bei der ‚Quick‚, ‚Die Welt‘, oder ‚Die Frau‘, Arbeten von ihm, aber auch in Zeitschriften und Büchern wie der ‚Schlesischen Rundschau‘, der ‚Stuttgarter Zeitung‘. Darüberhinaus illustierte Gerhard Uhlig für den Hironimi-Verlag, München oder den Hatje-Verlag, Stuttgart. Letzterer verfügte im Bereich Kunstveröffentlichungen über ein internationales Renommée.

Tuschezeichnung von Gerhard Uhlig aus dem Jahr 1948. Abgebildet ist ein mondäner Herr, der sich druch das Türfenster einer Pferdedroschke zu einer Dame hinausneigt. Copyright.
1948, Tuschezeichnung, ©.
Tuschezeichnung von Gerhard Uhlig aus dem Jahr 1948. Abgebildet sind vier Männer, Matrosen, die in abgedunkeltem Raum an einem von einer Deckenlampe beleuchteten Tisch sitzen. Copyright,
1948, Tuschezeichnung, ©.
Illustrative Tuschezeichung von Gerhard Uhlig aus dem Jahr 1950. Abgebildet ist Don Quichote, der vom Pferd abgeworfen wird. Copyright.
1950, Tuschezeichung, ©.

Josef Hegenbarth und Willi Baumeister haben Gerhard Uhlig in seiner eigenen Arbeit besonders beeinflust: „Beide waren Arbeiter. Künstlerallüren waren ihnen zuwider.“ (aus einem Brief an Wolfgang Kermer vom 22. April 1986, zitiert nach Wolfgang Kermer 1992, S. 182f). Dessen ungeachtet hat Gerhard Uhlig seinen ganz eigenen malerisch-grafischen Stil gefunden und in der Kunsttheorie und Kunsterziehung neue Gestaltfindungen etabliert. Merkantile Belange interessierten ihn nur anfänglich, als er sich mit dem Verkauf eigener Arbeiten sein Studium finanzieren musste. Sein Ziel war also stets ausgerichtet auf die Gestaltung und die mit ihr verbundenen Anforderungen sowie der Weg zu ihrer Erkenntnis.

Abstraktes Ölgemälde von Gerhard Uhlig aus dem Jahr 1953. Copyright.
1953, Ölgemälde, ©.
Abstrakte Bleistiftzeichnung von Gerhard Uhlig aus dem Jahr 1953. Copyright.
1953,Bleistiftzeichnung, ©.
1954, Abstraktes Ölgemälde von Gerhard Uhlig. Copyright.
1954, Ölgemälde, ©.
Frühe Ausstellungen und kunstdidaktische Studien

Nach Beendigung seiner akademischen Ausbildung vervollständigte Gerhard Uhlig seine kunstpädagogischen Studien, die er bereits in Stuttgart bei Willi Baumeister begonnen hatte, mit den Facultas für sämtliche Schulformen. 

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Gerhard Uhlig noch an Galerieausstellungen teilgenommen, z.B. in der renommierten Galerie Wirth, Berlin, oder in Leipzig, Köln und Münster. Zudem war er auf nationalen und internationalen Ausstellungen, in Leipzig, München, Köln, Düsseldorf, Kassel, Münster oder Den Haag, vertreten. Das anfänglich notwendigerweise bestandene Interesse an einer Kommerzialisierung seiner Werke verlor sich mit der Aufnahme seiner dann folgenden, vertraglich geregelten kunstdidaktischen Tätigkeiten. Unabhängig davon, führte er jedoch seine eigenen malerisch und illustrativ-künstlerischen Arbeiten fort. Sie waren ihm notwendige Voraussetzung für kunsttheoretische Erkenntnisse und ihre Vermittlung. 

Imponierend ist beim Werk von Gerhard Uhlig die über Jahrzehnte entstandene ungemeine Heterogenität seiner Ausdrucksformen. Ob es sich um abbildhafte oder abstrakte, illustrative oder malerische Arbeiten handelte, letztere beispielsweise kubistisch oder informel, konkret, OP-Art-ig, karikaturesk oder expressiv, was immer Gerhard Uhlig anfing, beeindruckt handwerklich wie auch künstlerisch gleichermassen. Gestalterisch war er dabei stets voll auf der Höhe seiner Zeit oder dieser voraus.

Bleistiftzeichnung von Gerhard Uhlig aus dem Jahr 1957. Abgebildet sind ein entkleideter, bäuchlings zu BOden liegender Mann, auf dessen linken Schulterbaltt eine blutende Wunde erkennbar ist. Zu seinen Seiten stehen zwei bekleidete Frauen und fünf bekleidete Männer, von denen sich einer auf einen Spaten stützt. Copyright.
1957, Bleistiftzeichnung, ©.
Bleistiftzeichnung von Gerhard Uhlig. aus dem Jahr 1957. Abgebildet ist Jesus, der einem in Ketten liegenden, vor ihm knieenden Mann, von hinten kommend eine Hand auflegt. Copyright.
1957, Bleistiftzeichnung, ©.
Bleistiftzeichnung von Gerhard Uhlig. aus dem Jahr 1957. Bildmotiv ist der Kreuzgang Jesu. Jesus geht unter der Last des Kreuzes zu Boden. Copyright.
1957, Bleistiftzeichnung, ©.

„Sachlichkeit, Nüchternheit“ waren ihm  in der Erarbeitung und Rezeption von Kunstwerken Grundwerte. „Nennt mich nicht Künstler“, sagte er, weil er bestrebt war, einen objektiven Abstand zu dem zu haben, was er als gestalterische Auseinandersetzung bezeichnete. Empfindung, Reflexion, Präzision und Perfektion charakterisierten seine Arbeit. Immer war er auf der Suche nach einer empfindungsmäßig richtigen und neuen Gestaltungsform. 

Kunstdidaktische Tätigkeiten

Von 1969 bis 1985 übernahm er die Leitung der deutschlandweit renommierten jährlichen ‚Recklinghäuser Kunsterziehertagungen‘. Zeitgleich war er Fachbeauftragter für Kunsterziehung beim Regierungspräsidenten in Münster. Damit war Gerhard Uhlig die höchste Fachinstanz für das gymnasiale Fach Kunst im Gesamtbereich Westfalen. Er vertrat zudem teilweise auch auf nationaler Ebene den Fachbereich Kunst für die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft. Durch diese Tätigkeiten, ferner seine Beteiligung an den Curricula des Fachbereichs Kunst an Gymnasien in Nordrhein-Westfalen und eigene praktische Lehrtätigkeit an Schulen in Niedersachsen (Bersenbrück) und Nordrhein-Westfalen (Herford, Bielefeld, Münster, Coesfeld) prägte er die Kunsterziehung der 70er und 80er Jahre in Westfalen sowie darüberhinaus ganz massgeblich.