"Sachlichkeit - Nüchternheit"
(Gerhard Uhlig)
Das Frühwerk von Gerhard Uhlig
Stilistisch lässt sich die Kunst von Gerhard Uhlig schwer einem einzelnen spezifischen kunsthistorischen Stil zuordnen. Ähnlich Pablo Picasso oder Gerhard Richter experimentierte Gerhard Uhlig zeitlebens mit unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Unter seinen früheren Arbeiten finden sich zum Beispiel Landschafts- oder figurative Abbildungen. Letztere zeigen punktuell Ähnlichkeiten zu Arbeiten seiner damaligen Akademielehrer Josef Hegenbarth und Emil Preetorius. Zeitgleich beschäftigte sich Gerhard Uhlig jedoch ebenfalls mit der damals noch nicht akzeptierten abstrakten Kunst. So finden sich Arbeiten mit stilistischem Bezug zum Kubismus oder punktueller Ähnlichkeit zu Arbeiten von Pablo Picasso, Marc Chagall, Fernand Léger oder Oskar Schlemmer. Aber diese Ähnlichkeiten bleiben singulär. Gerhard Uhlig zeigte auch schon in seinem Frühwerk eigene Gestaltbildungen und Kompositionen, die eine besondere Typik aufweisen, und durch die Heterogenität der Gestaltmittel als auch durch den für Gerhard Uhlig bereits damals spezifischen Zeichen- und Malduktus imponieren.



Die Zeit bei Willi Baumeister
Ab den späten 50er Jahren studierte Gerhard Uhlig in Stuttgart bei Willi Baumeister. Willi Baumeister war damals aufgrund seiner neuen abstrakten Ausdrucksweise umstritten. Aber schon zu diesem Zeitpunkt wurden seine Arbeiten in namhaften Museen des Westens mit großen Ausstellungen gewürdigt.
Willi Baumeister war einer der wichtigsten, wenn nicht der bekannteste Wegbereiter der Modernen Kunst nach 1945. Die Lehre von Willi Baumeister beeinflusste Gerhard Uhlig wesentlich (aus einem Brief an Wolfgang Kermer vom 22. April 1986, zitiert nach Wolfgang Kermer 1992, S. 182f). Dies ist an Einzelarbeiten aus dieser Epoche deutlich erkennbar. Gleichwohl entwickelte Gerhard Uhlig auch hier rasch eine sich von seiner Lehre emanzipierende Ausdrucksform.



Die Kunst von Gerhard Uhlig in den 60er und 70er Jahren
Ab den späteren 60er Jahren findet ein deutlicher Wandel in der Ausdrucksprache von Gerhard Uhlig statt. Seine Arbeiten, Öl auf Hartfaser, wurden formal grösser und erinnern auf den ersten Blick an den Konstruktivismus, zum Beispiel entfernt auch an Bilder von Wassily Kandinsky. Die Arbeiten sind nun sehr farbdominant und wirken auch durch ihre Formanordnungen expressiv. Gleichzeitig vermittelt die jeweilige Bildkomposition den Eindruck eines gestalterisch präzise konzipierten Aufbaus.



Der gestalterisch präzise konzipierte Aufbau der Bilder mag die Verbindung zu zwei neuen Werkserien gewesen sein.
Die Grafik der 70er Jahre
Es handelt sich hierbei um Sieb- und Prägedrucke mit Collagen. Die Grafiken weisen Kreiselemente auf, die in einem für den Betrachter in Summe schwer nachvollziehbaren Regelungskanon angeordnet sind. Ihre Lineaturen wirken einerseits regelmäßig angeordnet, andererseits scheinbar unregelmäßig begrenzt. Hauptsächlich scharz-weisse Formen sind mit roten Lineaturen ergänzt. Dadurch entsteht beim Betrachter der Eindruck, als würden sich die bildimmanenten Formen bewegen. Formal können diese Arbeiten am ehesten einem damalig neuen Kunststil, der sogenannten OP-ART, zugeordnet werden.



Ähnliche Gestaltungsmerkmale hat Gerhard Uhlig zeitgleich in einer numerisch grossen Serie von filigran anmutenden Tuschezeichnungen mit meistenteils zentralen Collageelementen genutzt. Auch hier finden sich wesentlich Kreiselemente innerhalb der bildnerischen Gesamtkompositionen. Die Lineaturen sind jedoch mit typischerweise nur minimalem Zwischenraum aneinandergrenzend und sehr gleichmässig angeordnet. Für den Betrachter wirken die Arbeiten wie maschinell angefertigt, wie von einem Computer ausgedruckt. Tatsächlich sind sie aber manuell, von Hand, mit feiner Tusche gezeichnet. Die Aneinanderreihung der Lineaturen ist dabei so eng, dass die visuelle Auflösungsfähigkeit des Betrachters bei normalem Betrachtungsabstand überfordert wird und sich in der visuellen Wahrnehmung kein statisches Bild, sondern scheinbar dynamische Muster ergeben. Diese Arbeiten imponieren durch ihre ausserordentlich präzise, kompositorisch nahezu unergründbare und manuell praktisch nicht nachvollziehbare Erarbeitung und sind am ehesten der Konkreten Kunst aber auch der OP-ART zuzuordnen.



Das künstlerische Spätwerk von Gerhard Uhlig
In den folgenden Jahrzehnten beziehen sich die Bildmotive häufig wieder auf landschaftliche und figurative Objekte. Insofern setzen sich diese Arbeiten scheinbar von den vorhergegangenen Werkphasen ab. Allerdings sind auch ihre Bildmotive mehr oder weniger, teilweise bis in das unkenntlich Abbildhafte verfremdet. Damit treten die Formen und Farben, ihre Helligkeiten und Kontraste sowie ihre formalen Bezüge zueinander in den Betrachtungsfokus und bestimmen wesentlich die Bildwirkung.






Die Fotografie und Fotogestaltung von Gerhard Uhlig
Die Fotografie ist von Gerhard Uhlig stets als Teil der Gestaltung und damit der Kunsterziehung und Kunst angesehen worden. Entsprechend hatte er als einer der ersten in Deutschland bereits in den 60er Jahren an weiterführenden Schulen Fotolabore und Fotogruppen eingerichtet. Seine eigenen Fotoarbeiten umfassen tausende Exponate. Es handelt sich dabei um Kleinbild- und Mittelformatnegative und um Diapositive sowie farbige oder schwarz-weisse Papierabzüge. Diese Arbeiten werden aktuell dem digitalen Archiv hinzugefügt. Desweiteren besteht ebenfalls ein enormes Konvolut an digitalen Fotografien, da sich Gerhard Uhlig bereits um 2003 den damals neuen digitalen Aufnahmeprozessen zugewandt hatte.



Die Kunstdidaktik und Kunsttheorie von Gerhard Uhlig
Seit Beginn seiner beruflichen Tätigkeiten als Kunstlehrer an verschiedenen weiterführenden Schulen hat Gerhard Uhlig zu der Entwicklung der Bildempfindung und -sprache von heranwachsenden Kindern und Erwachsenen Stellung bezogen. Dabei spielten stets die Aspekte der Sinneswahrnehmung, -entwicklung und -förderung sowie der Bildrezeption und -perzeption eine wichtige Rolle. Diese Auseinandersetzungen finden sich nicht nur in seinen handschriftlichen kunsttheoretischen und kunstpädagogischen Erörterungen, sondern fanden ebenfalls Eingang in die Fachliteratur.
Soweit erhalten und zugänglich wurden diese kunsttheoretischen und kunstdidaktischen Erarbeitungen, ferner Gestaltungsanleitungen aber auch Überlegungen zur Bildkonzeption, -erarbeitung und -rezeption dem Archiv in digitaler Form zugefügt. Ebenso wurden Daten zu seinem beruflichen Lebenslauf dokumentiert, sowie Filme und Publikationen zu seinem beruflichen Einfluss, seinen bildnerischen Arbeiten oder Ausstellungen seiner Werke.


Schülerarbeiten aus dem Kunstunterricht von Gerhard Uhlig
Es existiert ein Konvolut von Schülerarbeiten, die im Unterricht von Gerhard Uhlig nach dessen Gestaltungslehre ausgeführt wurden. Dabei handelt es sich um malerische Arbeiten, Skizzen, Grafiken, Collagen und Protokolle von Schülern im Alter 10 bis 20 Jahre. Diese Schülerarbeiten wurden Gerhard Uhlig für seine Sammlung seitens der Schüler überlassen. Die Arbeiten sind für ihre Zeit gestalterisch ausgesprochen innovativ. Interessanterweise finden sich ähnliche Gestaltmuster bei namhaften nationalen und internationalen Künstlern, zum Teil jedoch erst deutlich später als die entstandenen Unterrichtsarbeiten. Dies ist umso bedeutender, weil es sich bei den Schülerarbeiten nicht um Kopien oder Imitationen handelt, sondern um eigene Erarbeitungen nach den Gestaltungsanleitungen von Gerhard Uhlig.
/ Die Schüler, welche die abgebildeten Arbeiten ausgeführt haben, sind namentlich nicht bekannt oder ihre aktuelle Adresse ist aufgrund von Datenschutzbestimmungen nicht auffindbar. Das Archiv ist an Kontakt zu ehemaligen Schülern sehr interessiert, sei es, um ihnen auf Wunsch noch erhaltene Arbeiten wieder auszuhändigen oder um ihre Namen an den Arbeiten nach ihrem Ermessen erkennbar zu machen. Das Archiv strebt Veröffentlichungen der Arbeiten an. Diese Bestrebungen sind nicht kommerziell, sondern stets bildungsorientiert ausgerichtet. Prinzipiell begrüßt das Archiv aktive Kontaktaufnahmen, um zusätzliche Informationen über den Unterricht in die weitere Aufarbeitung einbringen zu können./
Eine Kontaktaufnahme ist über die Mailadresse archiv@gerhard-uhlig.de möglich.





